LibPlen 28.06.2016

Liberaler Plenumsbericht vom 28.06.2016
~by Maximilian Dichtl

(Kurze Bemerkung vorweg: Dieser Bericht dokumentiert eine Eskalation des StuRa in Bezug auf einen AG-Antrag des RCDS Leipzig – Die CampusUnion, in dessen Verlauf dem RCDS diskriminierenderweise als erster und einziger politischer Hochschulgruppe der AG-Status verwehrt wurde.)

Eine neue StuRa-Sitzung, ein neuer Liberaler Plenumsbericht.
Heute mit nur knapp 20 min. Verspätung aus einem halbierten Felix-Klein-Hörsaal.
Nach einer kurzen Phase der Irritation innerhalb der Sitzungsleitung darf Nadja Galina vom Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik (RGL) heute beim Inforundlauf als Erste das Wort ergreifen. Sie möchte eine Antwort auf die Anfrage von Freier Campus bezüglich des Zwecks quotierter Rednerlisten geben: “Quotierung ist ein Instrument der Demokratie, das Gleichstellung schafft.”, so selbstredend natürlich auch bei der erzwungenen Erstellung von quotierten Rednerlisten in kleinen Fachschaftsratsräten.
Sie zieht dabei einen (historisch natürlich vollends fehlerfreien) Vergleich zwischen dem Erzwingen von geschlechterquotierten Rednerlisten in Leipziger FSRä zu der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung unter Martin Luther King, da für die Notwendigkeit von beidem schließlich vor Allem “heterosexuelle weiße Cis-Männer” verantwortlich seien. (bei Letzterem speziell ihres Erachtens ebenjene, die 1787 die US-Verfassung schrieben.) (Anmerkung: Höchst treffende Analogie… nicht.)
Johannes vom Referat für nachhaltige Mobilität verkündet mit gesenkter Stimme, dass es aufgrund Verhandlungsschwierigkeiten zu einer Kündigung der StuRa-Verträge mit teilAuto gekommen ist. Dies bedeutet, dass nach offiziellem Auslaufen der Verträge alle nachfolgenden Carsharing-Kunden von teilAuto fortan eine Erstnutzungsgebühr zahlen müssen und das Projekt Studitransporter offiziell eingestellt wird.
Überdies gibt es neue Berichte von der KSS, die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit sucht 2 neue Mitarbeiter*innen für die Erstellung und Veröffentlichung der Lehrpläne und die RGL-Referentin konstatiert stolz, dass es erste ausleihfähige Designs für Awareness-Team-Shirts und -buttons gibt. (Yay! ;P)
Nach der Beendigung dieses Inforundlaufs sowie kurzer Feststellung der Beschlussfähigkeit richtet Johannes ein paar Worte an uns, in welchen er unter Aufzählung einiger juristischer Feinheiten und bürokratischer Details feststellt, dass die in der Sitzung vom 31.5. bestätigten Entsendungen in den universitären Wahlausschuss (Plenum vom 31.5.), aufgrund lediglich einmal im Jahr stattfindender Bestätigung durch den Senat keine Gültigkeit haben.

Und somit gelangen wir auch schon zum Tagesordnungspunkt Wahlen:
– Haushaltsausschuss: Nach wie vor keine Kandidierenden.
– Kunst- und Baukommission: Die Kandidierende Kerstin Stengel (FSR Erziehungswissenschaften) kann aufgrund nicht weiter benannter Gründe leider nicht an der Sitzung teilnehmen, wird aber trotzdem mehrheitlich gewählt und nimmt die Wahl von der Ferne aus an.
– Studentischer Beirat Verbundprojekt Lehrpraxis im Transfer: Johannes verliest aufgrund wiederholten Vorstellungswunsches entnervt erneut die Standardbeschreibung für das Gremium, findet aber trotzalledem nach wie vor keine(n) Kandidierende(n) für das Amt.

Kommen wir nun zum wohl dominierenden und rückblickend zugleich erschütterndsten Thema des Abends: Bestätigung der HHA.Protokolle.
Nachdem das Protokoll vom 15.06.16 ohne jede Gegenrede mit klarer Mehrheit verabschiedet wurde, widmen wir uns nun dem Protokoll vom 21.06.2016 einschließlich eines Antrages unserer Freunde vom RCDS Leipzig-Die CampusUnion auf Anerkennung als AG des StuRa. Wie zu erwarten war, wurde eben dieser Antrag von einem Teil des Plenums kritisch beäugt und entsprechend herausgezogen. Was nun folgen sollte, ist einfach unfassbar und macht uns einfach nur fassungslos.
Carl Bauer vom sds.DieLinke hat nach eigener Aussage bereits eigens für diesen Antrag einen (,wie sich später herausstellen sollte, ausschließlich suggestiven) Fragenkatalog vorbereitet und gefällt sich in seiner Rolle des rhetorische Messer wetzenden Ad-populum-Argumentators. Seine erste Frage widmet sich der Position des RCDS zur Erhebung von Studiengebühren, welche der RCDS nach eigener Aussage strikt ablehnt. Des Weiteren kritisiert er die offene Haltung des RCDS, jedem Studierenden die Freiheit zu belassen, nach eigenem Ermessen aus der verfassten Studierendenschaft auszutreten. (Daraufhin sollte eine Welle der Empörung wegen ebenjener RCDS-Position durch das Gremium rollen.)
Nun meldet sich Victoria Most vom Haushaltsausschuss zu Wort: Der Antrag wurde nicht umsonst einstimmig vom Haushaltsauschuss verabschiedet: Jeder politischen Hochschulgruppe sollte unabhängig ihrer politischen Überzeugung ein Recht auf demokratische Partizipation und faire Teilhabe am universitären Prozess offenstehen. Dies sei insbesondere mehrfache StuRa-Beschlusslage, die erst zuletzt mit der Verabschiedung des Juso-Antrages vom 17.05. nochmals mit klarer Mehrheit bestätigt wurde.
Daraufhin erwidert ein sichtlich erregter Referent für Soziales (Domenic): Die vom RCDS vertretene Haltung zur Austrittsoption aus der Verfassten Studierendenschaft sei absolut inakzeptabel, da es den StuRa in seiner Machtfülle unterminiere und dann doch die ganze tolle StuRa-Arbeit (Anmerkung: wie der Awareness-Team-Zwang, das Aufoktroyieren von Rednerlistenquotierungen, der ungefragte Einsatz für eine Überwindung des Kapitalismus und die Ausgabe von mehr als 600€ für professionelle Mediationstrainings für die StuRa-eigenen Referenten aus der Tasche der Studierenden) ja total geschwächt werde.
Aus genau diesen Gründen sei ein Zwang zur Mitgliedschaft in der Verfassten Studierendenschaft sowie implizit auch ein einseitiges Fördern allein der Hochschulgruppen, die dies ebenso sehen, völlig legitim. (Wow, was für herausragendes Verständnis von Demokratie und Entscheidungsfreiheit dieser Mann doch hat! -.-)

Lennart Michaelis (sds.dieLinke) empört sich überdies darüber, dass der Antrag bösartigerweise doch nicht gegendert sei. ‪#‎mimimi‬
Antwort des RCDS: Alleiniges Gendern schaffe noch keine reale Lösung der bestehenden Geschlechterungleichbehandlung, nur beherzte Taten vermögen dies zu tun.
Eine weitere Wortmeldung aus dem Plenum widmet sich der Frage, was der RCDS unter einem “christlich-abendländischem Menschenbild” verstehe.
Antwort des RCDS: Das heiße, das jeder Mensch so genommen werden solle, wie er ist, unabhängig seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung, oder seiner Hautfarbe.
Nach einer weiteren empörten Wortmeldung zur RCDS- und übrigens auch Freier Campus-Position zur Studierendenschafts-Austrittsoption, diesmal vorgetragen von Johannes, wird der GO-Antrag auf sofortige Abstimmung gestellt, da die derzeitige, einseitig gegen einzelne RCDS-Positionen geführte Debatte fruchtlos und wenig objektiv sei. Die Mehrheit des Plenums scheint sich indes weiterhin an einer öffentlichen Demütigung des RCDS ergötzen zu wollen und wendet sich entschieden gegen ebenjenen Abstimmungsantrag.
Bekräftigt von diesem Votum fragt nun wieder Carl nach der Position des RCDS zu den Leipziger Burschenschaften und Studentenverbindungen und deren seines Erachtens “sexistischen und rassistischen Ritualen”, sei ihm doch zu Ohren gekommen, dass manche Mitglieder des RCDS in Studentenverbindungen aktiv seien.
Des Weiteren fragt er suggestiv nach dem Verhältnis des RCDS zu manchen rechtskonservativen Strömungen innerhalb der CDU. Die Antwort auf diese Frage fällt daraufhin sehr klar aus: Der RCDS habe sich bereits mehrfach öffentlich und sehr deutlich gegen jegliche Form des Rechtsradikalismus und der Diskriminierung, ungeachtet seines parteilichen Ursprungs, positioniert. Insbesondere möchte man nichts mit “irgendwelchen Pennern von Legida” oder den rechten Twitterpositionen eines Professor Rauscher zu tun haben. Der Verband sei- und dies möchte man in aller Deutlichkeit betonen- zudem formal unabhängig von der CDU und ihren Mitgliedern. Das Verhältnis zu Burschenschaften und Studentenverbindungen sei insofern geprägt, als dass man sie zwar nicht öffentlich als Verband unterstütze, ihnen aber ihre Freiheit als studentische Organisationen auch nicht durch irgendwelche Verbotsprozesse nehmen möchte.
Domenic kommentiert nun wieder, diesmal mit fast weinerlicher Stimme, dass man Organisationen wie den RCDS, in denen Nicht-Mitglieder der verfassten Studierendenschaft sitzen, konsequent ausschließen müsse, da sonst ja ebenjene Nicht-Mitglieder schließlich auch Leistungen der Studierendenschaft in Anspruch nehmen könnten. (?)
Zudem solle man den RCDS im Falle einer Anerkennung als AG des StuRa dazu zwingen, alle ihre öffentlichen Stellungnahmen zu gendern, sei doch der Wunsch zum Gendern schließlich StuRa-Beschluss. (Bevormundung und Zwang statt Freiheit und Toleranz: Applaus für so ein obskures Demokratieverständnis, lieber Domenic!)
Victoria entgegnet, dass man dann konsequenterweise auch solche StuRa-AGs ausschließen müsse, die Mitglieder der HTWK oder der HMT einschließe, da es sich bei diesen schließlich ja auch um keine Mitglieder der Verfassten Studierendenschaft der Universität Leipzig handle.
Nach kurzer, aber weitgehend argumentarmer weiterer Debatte, gelangen wir nun zur Abstimmung über den Antrag: 25/14/11 –> Gleichstand der Befürworter und Gegner! (Anmerkung: In diesem äußerst seltenen Fall würde der Antrag keine Mehrheit haben und somit abgelehnt werden.)
Ratlosigkeit im Plenum und der Sitzungsleitung.
Nach längerer Beratschlagung in der Sitzungsleitung über den Umgang mit diesem Votum, entscheidet man sich aufgrund divergierender Auszählungsergebnisse nun zu einer Neuauszählung der Stimmen. Ergebnis: 25/15/11!
Damit wurde der RCDS als erste und einzige politische Hochschulgruppe an der Universität Leipzig nicht als AG des StuRa anerkannt, nur weil er nicht zum Gendern seiner Stellungnahmen gezwungen und seine legitime Position zum Austritt aus der Studierendenschaft nicht erzwungenermaßen aufgeben möchte. Wir verbleiben entsetzt! Was für eine Doppelmoral, was für ein arges Demokratieverständnis muss dieses Plenum nur haben, um zu so einer ausgrenzenden und politisch diskriminierenden Entscheidung zu gelangen! Das Plenum tritt auf diese Weise sein eigenes Bekenntnis zu Offenheit, Toleranz und Meinungsfreiheit mit Füßen! Der RCDS verlässt in der Folge nachvollziehbarerweise enttäuscht und entsetzt den Plenarsaal.

Nach dieser zweifelhaften und sicher nicht endgültigen Entscheidung des Plenums geht es jedoch schon nahtlos weiter mit einem von unserer studentischen Senatorin Theresa Wege gestellten Antrag “Attest ist Prüfungsunfähigkeit – keine Offenlegung von Diagnosen”, in welcher sie und auch wir eine Positionierung des StuRa für den Datenschutz bei der Beantragung von Prüfungsunfähigkeit fordern. Nach vielfach unterstützenden Wortbeiträgen, sowie kleiner, unwesentlicher Grammatikkorrekturen setzt sich die überwältigende Mehrheit des Plenums für diesen Antrag ein, den wir fortan als StuRa-Beschluss auch an die Professor*innenschaft im Senat und an das Rektorat herantragen werden.

— Pause! Der FSR Theologie spendiert Äpfel. 🙂

Nach der Pause kommen wir nun zum letzten nennenswerten Thema des Abends: Ein-Antrag des sds.dieLinke zur offiziellen Unterstützung einer Leipziger Anti-Freihandels-Demonstration, vorgetragen von Carl Bauer.
Nach Annahme eines Änderungsantrags zur kritischen Bewertung des Antiamerikanismus in einigen Anti-TTIP-Strömungen, welcher von Carl Bauer übrigens lediglich als künstlicher “Schreckbegriff” gegen “legitime Kritik an den USA” abgetan und vom AntiRa-Referenten Tarek als nicht-existent eingestuft wurde (Begründung: Die USA seien eine Großmacht, also könne man nach hauseigenen Critical-Whiteness-Konzepten ja gar nicht rassistisch gegenüber US-Bürgern sein. Anmerkung: Ja, natürlich! Antiamerikanismus ist in Deutschland ja überhaupt kein Problem! *hust* http://bit.ly/296hHsc *hust*), und wir auf unsere Nachfrage nach stichhaltigen empirischen Fakten zur behaupteten Bedrohung des Bildungssystems durch Freihandelsabkommen keine konkreten Antworten erhielten, hat sich der StuRa mehrheitlich für eine Unterstützung der Anti-TTIP-Demonstrationen entschieden. (Kommt ja in letzter Zeit häufiger vor, dass wir uns illegitimerweise allgemeinpolitische Mandate verschaffen…)

Im Anschluss beschließen wir noch rasch einen Antrag zum Thema Pflege universitärer Hochbeete im nächsten Semester und erfahren im TOP Sonstiges von Lennart Staab, dass der alljährliche Sommerfasching der Leipziger Elferräte wieder bevorsteht. (Mal sehen, was die von studentischen Geldern bezahlten Awareness-Teams so für konstruktive Arbeit leisten. ^^)
Sitzungsende ist aufgrund erneut erstaunlicher Sitzungsdisziplin heute bereits schon 22:45 Uhr.
Auch an dieser Stelle wieder ein herzliches Dankeschön von unserer Seite für euer Interesse an liberaler Hochschulpolitik und bis zum nächsten Liberalen Plenumsbericht!